"Entwicklung und Umsetzung eines computerunterstützten Kindergesundheitssystems"
Phase IV unter Berücksichtigung eines Evaluierungskonzeptes für den Mutter-Kind-Paß

Die Phase IV wurde vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen gefördert und soll über die bisherige Zielstellung hinaus den Schwerpunkt auf die Evaluierung eines Konzeptes für den Mutter-Kind-Paß beinhalten. Das Projekt wurde mit Februar 2002 abgeschlossen.

Dieses Projekt zur Entwicklung und Umsetzung eines Kindergesundheitssystems unter Berücksichtigung qualitätssichernder Maßnahmen zur Vorsorge und Gesundheitserziehung von Kindern wird in Zusammenarbeit mit der Landessanitätsdirektion Linz sowie der Sanitätsbehörde Gmunden duchgeführt. Zudem besteht eine Kooperation mit dem englischen Child Health System.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt darin, ein Informations- und Dokumentationssystem für die Planung und das Management von Vorsorgeprogrammen zu entwickeln.

Die Erfassung von Informationen über den Gesundheitszustand der Kinder einer bestimmten Region (Gmunden) ermöglicht es dann auch, diese Daten unter Qualitätsgesichtspunkten auszuwerten, und gezielte, regions-spezifische Maßnahmen zu setzen.

Innerhalb dieses Projektes besteht eine Kooperation mit dem britischen Kindergesundheitssystem. Es sollen insbesondere anhand von entwickelten Qualitätsindikatoren Vergleichsuntersuchungen stattfinden.

Dieses Projekt ist als längerfristiges Projekt angelegt (6 Jahre) und die erste Phase wurde mit Anfang 1995 begonnen.

Zielstellung:

Die Ziele dieses Projektes sind:

1. In einer begrenzten, kleineren Region ein computerunterstütztes Kindergesundheitssystem einzuführen.

2. Qualitätsstandards in Kooperation mit den beteiligten Ärzten zu entwickeln und zu testen

3. Die Effizienz der derzeitigen Kindervorsorgeuntersuchungen zu evaluieren.

4. Entwicklung und Testung eines Evaluierungskonzeptes für das Mutter-Kind-Paß-Vorsorgeprogramm.

Die primäre Zielstellung des Projektes liegt in der lückenlosen Erfassung der Kindergesundheitsdaten von der Geburt bis zum Ende des Schulalters inklusive der Daten der Geburtsanamnese.

Erfaßt werden die Daten des Mutter-Kind-Passes und die Daten aus den Schuluntersuchungsbögen sowie Daten des Impfpasses zur Erfassung des Impfstatus. Als wesentlich wird die Bedeutung der Erhebung und Analyse von regionsspezifischen Kindergesundheitsdaten insbesondere deshalb gesehen, da die Qualität der in Österreich auf dem Gebiet der Gesundheitsvorsorge für Kinder gesetzten Maßnahmen aus mehreren Gründen schwer bestimmbar ist. So wird z.B. der Mutter-Kind-Paß bisher noch viel zu wenig statistisch ausgewertet, vor allem gibt es keine regionsspezifischen Angaben. Längsschnittuntersuchungen sind ebenfalls bisher nicht möglich, sowie die Evaluation gesetzter therapeutischer Maßnahmen. Weiters zeigt die Praxis, daß zwar Kinder- und Jugendlichenvorsorgeuntersuchungen weitgehend in Anspruch genommen werden, die sich daraus ergebenden Konsequenzen jedoch nur mehr zu einem kleinen Teil durchgeführt werden.

Das entwickelte System ist regionsbezogen und das Programm ist flexibel genug, um einerseits prospektiv Kindergesundheitsdaten erfassen und Berichte erstellen zu können und andererseits genügt es hohen analytischen Anforderungen. So ist beispielsweise die Verküpfung aller einzelnen Daten möglich, ebenso wie individuelle Längsschnittanalysen. Auf diese Weise kann etwa die körperliche und psychische Enwicklung von Risikokindern nachvollzogen werden.

Das System wird in einem Pilot in Gmunden getestet. In einer ersten Phase wurden bisher retrospektiv die o.g. Daten erfaßt und anonymisiert analytisch ausgewertet. Auch wenn die Fallzahl noch sehr gering ist, lassen die ersten Ergebnisse bereits jetzt die gesundheitspolitische Bedeutung eines derartigen Systems für die Verbesserung der Kindergesundheit erkennen.

Die wichtigsten Ergebnisse

Mit dem entwickelten KGS können primär administrative und präventive Funktionen erfüllt werden. Auf die administrative Funktion, die es erlaubt, automatisch alle Kinder einer Region regelmäßig zu den vorgesehenen Untersuchungen und Impfungen einzuladen, bzw. Erinne-rungsschreiben zu verfassen, wurde in dieser Studie nicht näher eingegangen. Die präventive Funktion eines derartigen Systems liegt beispielsweise darin, dass lückenlose Informationen über die Gesundheitsdaten von Kindern einer bestimmten Region vorliegen. Diese regionsspe-zifischen Informationen in anonymisierter Form liefern Entscheidungshilfen für die Gesund-heitsplanung in dieser Region.
Analog den Zielvorgaben des MKP-Untersuchungsprogrammes lt. BgBl Jg.1997 wurden folgende Dimensionen in dem verwendeten Evaluationskonzept berücksichtigt:

Zielbestimmung des MKP-Untersuchungsprogrammes

Im Prinzip kann davon ausgegangen werden, dass die in der Verordnung festgehaltenen Unter-suchungen der Schwangeren zum festgesetzten Zeitpunkt durchgeführt werden.

Die Inanspruchnahme der einzelnen vorgesehenen Schwangerenuntersuchungen ist allgemein sehr hoch ( > 90 %), während alle fünf Untersuchungen nur noch von knapp zwei Drittel der Frauen in Anspruch genommen wurden. Interne Untersuchungen und Laboruntersuchungen zeigen eine hohe Inanspruchnahmerate.

Die regulären Kind-Untersuchungen bis zum 14. LM werden von jeweils über 95 % in An-spruch genommen. Eine lückenlose Inanspruchnahme ist jedoch nur für etwas über 90 % der Kinder festzustellen. Auffallend ist, dass die Inanspruchnahme der weiteren Untersuchungen ab dem 14. LM auf knapp 50 % absinkt. Ab 1997 zeigt sich ein ähnlicher Trend wie bei den Schwangerenuntersuchungen. Für die Gesamtinanspruchnahme sind kaum Rückgänge zu er-kennen, aber es scheinen häufiger "Lücken" in der Inanspruchnahme einzelner Untersuchungen auf, d. h. es wird nicht jede der vorgesehenen Untersuchungen durchgeführt. Ab dem 3. Le-bensjahr des Kindes sinkt ganz allgemein die Inanspruchnahme.

Evaluation klinischer Effekte

Neben epidemiologischen Daten zur Verteilung ausgewählter Parameter standen Analysen zu den Fragestellungen der Früherkennung und der Verhinderung von Spätschäden im Vordergrund.

Früherkennung

Zur Beantwortung der Fragestellung, wann Auffälligkeiten erstmals festgestellt werden, wurden eine Reihe von Analysen im Zeitverlauf bzw. Längsschnittanalysen gerechnet. Nachfolgend dazu Beispiele:

Orthopädische Auffälligkeiten

Der Anteil der Kinder, die als orthopädisch auffällig aufscheinen, liegt ab 1987 deutlich höher (mit über einem Viertel) als vor 1987. Von den ab 1987 geborenen Kindern werden bereits 9 % bei der orthopädischen Untersuchung als auffällig erkannt. Vergleicht man Kinder der Geburtsjahrgänge vor 1987 mit jenen nach 1987 und ab 1992 (Einführung Ultraschalluntersuchung), dann weisen die Ergebnisse eindeutig darauf hin, dass die Früherkennung orthopädischer Auffälligkeiten durch die Einführung der zusätzlichen fachärztlichen Untersuchungen begünstigt wird.

Erstmaliges Auftreten von Augenauffälligkeiten

Ab 1987 wurden zusätzliche fachärztliche Augenuntersuchungen in das Vorsorgeprogramm aufgenommen. Deshalb wurde in einem ersten Schritt ganz allgemein untersucht, wann Augen-auffälligkeiten erstmals erkannt werden und in einem zweiten Schritt, ob eine Früherkennung durch die zusätzlichen fachärztlichen Untersuchungen wahrscheinlicher wird. Eine Gegenüberstellung der vor und nach 1987 geborenen Kinder zeigt, dass der Anteil der Kinder mit erstmals aufscheinenden Augenauffälligkeiten bis zum 26. Lebensmonat bei letzteren deutlich höher liegt. Der Einfluss der fachärztlichen Untersuchung auf die Früherkennung wird auch in diesem Beispiel deutlich.

Therapeutische Interventionen/Verhinderung von Spätschäden

Dieser Fragestellung wurde einerseits anhand der Variable "Kontrolle empfohlen" nachgegangen und anderseits, ob eine Indikation zur Behandlung bei diagnostizierten Auffälligkeiten gestellt worden ist. Weiters wurde mittels Längsschnittanalysen versucht, einen Hinweis darauf zu bekommen, wie weit während der MKP-Untersuchung festgestellte Auffälligkeiten zu Spätfolgen führen.
Längsschnittanalysen von der Geburt bis zu den Schuluntersuchungen wurden anhand ausgewählter Problembereiche (zB.: Hör- und Sprachstörungen) durchgeführt, obwohl dazu vielfach nur Angaben aus den Diagnosefeldern vorlagen. Diese ergeben deutliche Hinweise darauf, dass Spätschäden durch das MKP-Untersuchungsprogramm verhindert werden können.

Für eine routinemäßige Auswertung und Beantwortung dieser Fragestellung wären allerdings standardisierte und einheitliche Variablen zur kindlichen Entwicklung bei allen vorgesehenen Kind- und Schuluntersuchungen notwendig. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie können dazu wertvolle Hinweise liefern.